Das Warten der Gerechten wird Freude werden. (Sprüche 10,28)


Wozu Johannes uns heute rufen würde

Andacht zu Johannis - 24.6.2022 - auf dem Neuen Friedhof in Großschönau
von Pfr. Gerd Krumbiegel

Liebe Johannis-Gemeinde,
heute ist Johannestag. Ich habe einmal versucht, dem nachzuspüren, warum wir heute eigentlich zusammenkommen. Einmal natürlich, weil die Kirchgemeinde eingeladen hat, - und schön, dass Sie sich haben einladen lassen! - gleichzeitig liegt da noch mehr in der Luft. Da spüren wir, dass das Jahr schon wieder „auf der Höhe steht“ wie wir gerade gesungen haben, und da entsteht das Bedürfnis, wenigstens kurz die Zeit anhalten und zu Bewusstsein kommen zu wollen. Sozusagen den Kopf aus dem schnell dahinfließenden Strom der Zeit herauszuheben, um nicht unversehens mit fortgerissen zu werden. Also zu schauen: Wo stehen wir eigentlich gerade? Und hinzu tritt die Frage nach einem Anhaltspunkt in Zeiten, die unübersichtlich sind. Was also können wir uns dabei von Johannes dem Täufer abschauen? Was an seinem Wirken wirkt bis heute?

Johannes ist der, der auf andere hinweist. Einer, der kein Problem damit hat, zurückzutreten, wenn derjenige kommt, der das richtige Wort für die Zeit hat, ja der das Wort Gottes selbst ist. „Ich taufe euch mit Wasser, es kommt aber einer, der ist stärker als ich..., der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.“ (Lukas 3,16) Johannes als einer, der seinen Auftrag und seine Grenzen kennt. Was würde sich ändern mit einer Kirche und Gemeinde, die ihren Auftrag und ihre Grenze kennt; die sich nicht in tausend Angeboten zerfranst, sondern auf den einen hinweist, ohne den auch wir selbst ohne Feuer und ohne Geist bleiben?
  Und dann ist Johannes einer, der vorausweist. Einer, für den die Ewigkeit nicht im Hier und Heute aufgeht. Er weist hin auf Christus, der kommen wird. Insofern ist es richtig, wenn wir halbverschmitzt kalauern, dass es ja in genau 6 Monaten Weihnachten ist. Johannes sagt: Richtet euch nicht in der Zeit ein; geht nicht darin auf, von einem Glücksmoment zum nächsten zu huschen; glaubt nicht, dass es immer Sommer ist; wisst, dass der Wohlstand nicht wie ein Möbelstück ist, das, wenn man es einmal in der Stube stehen hat, für immer dort bleibt; nein, da gilt vielmehr das Lied: O Herr, wenn du kommst, wird es Nacht um uns sein. (Helga Poppe, SvH 30,2)
   Und Johannes lehrt uns ein Weiteres, nämlich dass Christus nicht in unser Leben platzt, sondern dass wir ihm den Weg bereiten sollen: „Siehe ich sende meinen Boten vor die her, der deinen Weg bereiten soll. Es ist die Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg, macht seine Steige eben.“ (Mk 1,2f nach Jes 40,3 und Mal 3,1) Wie könnte das aussehen in der zweiten Jahreshälfte, Gott den Weg zu bereiten? Was würde sich in uns und in unserem Land ändern, wenn wir die Zeit, die wir darauf verwenden, Nachrichten zu schauen oder zu lesen, halbieren und die so gewonnene Zeit dazu nutzen in der Bibel zu lesen? Was würde das in unseren Herzen bewegen? „Bereitet doch fein tüchtig, den Weg dem großen Gast, macht seine Steige richtig, lasst alles, was er hasst.“ (Valentin Thilo, EG 10,2)
   In Johannes begegnet uns sodann einer, der aussteigt: „Johannes aber war in der Wüste und trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Lenden und aß Heuschrecken und wilden Honig.“ (Mk 1,6) Wir sehen hier jemanden, der sich auf das Notwendigste beschränkt, der sich von dem Kreisen um das Materielle löst und aus dem Gedankenkarussell seiner Zeit aussteigt. Er gehört gewiss nicht zum Hauptstrom, nicht zum Mainstream seiner Zeit; er käut nicht die Argumente und Themen wieder, die überall beackert werden; und genau dadurch und durch seine Botschaft wird er zum Anziehungspunkt, ja zum Wegweiser. „Und es ging zu ihm hinaus das ganze jüdische Land und alle Leute von Jerusalem und ließen sich von ihm taufen.“ (Mk 1,5) Was würde sich ändern, wenn wir als Kirche und Gemeinde, nicht mehr nach Zustimmungswerten schielen, sondern unsere Kraft allein aus der Botschaft Jesu ziehen?
   Indem Johannes das tut, wird er zu jemandem; einer zu dem die Leute mit ihren Fragen kommen: Was sollen wir denn tun? - Das ist übrigens eine Frage, die angesichts der vielen Krisen, denen wir uns gegenüber sehen, aktueller nicht sein könnte. - Und seine Antwort darauf überrascht. Er legt ein ebenso einfaches wie wirkungsvolles Programm vor. „Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir denn tun? Er antwortete und sprach zu ihnen: Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer zu essen hat, tue ebenso. ... Der Zöllner soll nicht mehr fordern als vorgeschrieben ist ... und der Soldat soll sich genügen lassen an seinem Sold.“ (Lk 3,10-14 i.A.) Was würde sich in uns und in unserer Welt ändern, wenn wir ohne große Machbarkeitsstudien anfingen erst einmal nur das Naheliegende zu tun? Statt komplizierter Sozialprogramme, statt immer neuer Subventionspakete ruft uns Johannes auf zum Blick auf den Menschen neben uns; er ruft uns zur Einfachheit. An die Stelle der angsterfüllten Vorsorge für den kalten Winter oder gegen die Inflation, tritt die Fürsorge füreinander. Und so lenkt seine Predigt unseren Blick vom globalen Klimawandel, auf ein verändertes Klima zwischen uns Menschen. Was würde sich ändern mit einer Kirche, die einen solchen Klimawandel in den eigenen Reihen schon lebte und zugleich dafür einträte?
   Und bei all seinem Reden nimmt Johannes kein Blatt vor den Mund: „Da sprach Johannes zu der Menge, die zu ihm hinausging, um sich taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, und bringt rechtschaffene Früchte der Buße... Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.“ (Lk 3,7-9) Johannes ruft mit drastischen Worten zur Umkehr zur Sinnesänderung, denn so, wie es ist, kann es nicht bleiben.
  Einer wie Johannes. Heute, 6 Monate vor Weihnachten, da möchten wir eine ganz bekannte Frage einmal abwandeln oder anreichern. Die Frage: Was würde Jesus tun?, möchten wir konkreter werden lassen durch die Frage: Wozu würde Johannes uns heute rufen? Und zwar dazu: Zur Wegbereitung für Christus; dazu, das ICH zurückzunehmen und Christus in die Mitte zu stellen; dazu, den Klimawandel zwischen uns Menschen anzufangen; dazu, das ängstliche Festhalten dessen, was wir erreicht haben, aufzugeben und auf den HERRN zu warten, der kommt; und dazu, auf dem Boden des Evangeliums dem Zeitgeist mutig zu widersprechen. – Dazu würde uns Johannes rufen. Ich denke, da haben wir das nächste halbe Jahr gut zu tun.
Amen.

Ev.-Luth. Kirchgemeinde Großschönau 
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02779 Großschönau
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Tel. 035841/ 67716

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Mail: Christin.Jaeger@evlks.de

 
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Friedhofsangelegenheiten Hainewalde: Herr Andreas Großer Montags 15.00-17.00 Uhr im Hospital, am Kirchberg 6, in Hainewalde

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