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Gottes Weg ist vollkommen. (Psalm 18,31)


Mit Geschichten in die Osterwoche

Dienstag: Keine Ostern wie immer

Liebe Gemeindeglieder und Gäste,
wie halten wir es mit dem Karfreitag? Finden Sie es seltsam, dass ich diese Frage zu Ostern stelle? Ich mache die Beobachtung, dass es die Tendenz gibt, dem Dunkel von Karfreitag auszuweichen und eher auf das Helle von Ostern zu schauen. Das gibt es auch bei uns Christen, noch mehr aber im nichtkirchlichen Kontext. Doch Karfreitag und Ostern gehören zusammen. Paulus konnte das auf die Formel bringen: "Christus ist um unsrer Sünden willen dahingegeben und um unsrer Rechtfertigung willen auferweckt." (Röm. 4,25) Das Eine ohne das Andere bleibt unvollständig. Die folgende Geschichte zeigt diesen Zusammenhang auf ihre Weise. Die Ehrlichkeit gegenüber Karfreitag wird zum Auslöser für ein unvorhergesehenes Ostererlebnis. Und wie nebenbei wird von einem Ostern erzählt, das ganz anders war als sonst - etwas, das wir dieses Jahr sehr gut nachempfinden können. Herzlich grüßt Sie, Ihr Pfr. Gerd Krumbiegel

Keine Ostern wie immer
Bleich sei Pastor Andersson an jenem Karfreitag oben auf der Kanzel gestanden. Wenn ich recht hörte, muß es ein Karfreitag zur Zeit des Ersten Weltkriegs gewesen sein. Von der Kreuzigung Jesu habe der Pastor gesprochen, dann aber von Gottes Niederlagen überhaupt. Auf Golgotha, in der Geschichte der Völker, der Menschen und auch in seinem, des Pastors eigenem Leben ebenso wie im Leben der Gemeindeglieder: Niederlagen, nichts als Niederlagen Got­tes! Fortzu brachten wir, die Menschen, Gott Niederlagen bei. Ich fürchte, habe der Pastor fast tonlos in seinen grau­en Bart gemurmelt, so daß es nur in den vordersten Bank­reihen noch knapp hörbar gewesen sei und auch da bloß für ein feines Gehör. Ich fürchte, habe er gesagt, dann aber doch nicht auszusprechen gewagt,
was er fürchtete. Statt dessen habe er unvermittelt angekündigt, an Ostern werde diesmal kein Gottesdienst stattfinden. Man möge ihm bitte verzeihen, doch er sei nicht imstande, das Osterevangelium zu verkünden. Er glaube an keinen Sieg, an keine Auferstehung mehr. Die Zeit sei gekommen, endlich auf­richtig zu sein, getreu Jesu Wort: Selig sind die Aufrichti­gen! Und diese Aufrichtigkeit gebiete ihm, die Augen nicht mehr länger vor Gottes offenkundiger Niederlage zu ver­schließen und sich der bitteren Einsicht zu stellen, daß Gott an uns Menschen gescheitert sei. Kein Ostergottesdienst deshalb, auch kein österliches Glockengeläute – er bitte um Verständnis und Nachdenklichkeit. Ohne Gebet, doch immerhin mit einem Segen habe der Pastor die Ge­meinde entlassen. Bedrückt und wie vor den Kopf ge­schlagen seien die Dorfleute aus der Kirche gegangen. Später, an den Mittagstischen, sei von nichts anderem ge­sprochen worden als von Pastor Anderssons Predigt und seiner Absage des Ostergottesdienstes. Da und dort habe man sich auch gefragt, ob der Pastor vielleicht krank und nicht mehr ganz richtig im Kopf sei seit dem Tod seiner Frau vor anderthalb Jahren.
     Und so kam der Ostertag. Ohne Glockengeläute, ohne Gottesdienst. Der Westwind, wollen einige wissen, habe leichte Wolken über den Himmel getrieben. Im Dorf aber sei es still geblieben. Erst nachmittags hatten sich Kinder auf der Dorfstraße gezeigt. Und schließlich dann, schon gegen Abend, die hinkende Stine, die Frau des Schreiners Bergerup. So rasch, wie ihr Hinkegang dies erlaubte, sei sie zum Haus schräg hinter der kleinen Kirche gegangen.
     „Deine Predigt, Pastor, macht uns zu schaffen!“, habe sie ohne Umschweife zu reden begonnen. „Leider hast du recht, wir können dir nicht widersprechen: wo Menschen sind, zieht Gott den kürzeren. Unsere Herzen, unsere Häu­ser sind Stätten seiner immerwährenden Niederlage. Das ist schlimm genug. Warum hast du Gott nun auch noch eine weitere Niederlage zufügen müssen, unnötigerweise, wie mir scheint?“
„Ist es denn nicht Zeit, endlich aufrichtig zu werden?“ habe der Pastor sich gewehrt.
     „Es ist Zeit, du hast recht.“, sei Stines Antwort gewesen. „Warum aber willst du dem geschlagenen, wohl auch niedergeschlagenen Gott gerade an Ostern nun sogar das Letzte nehmen, was er noch Gutes von uns empfängt, was ihn, wer weiß, vielleicht auch ein bißchen zu trösten ver­möchte – unsere Lieder, unsere Gebete nämlich? Höre also, was ich tun werde: Ich gehe jetzt in die Kirche, ich werde das Glockenseil ziehen. Auf das Glockengeläute hin werden, denke ich, einige Leute kommen, und sei es auch bloß aus Neugier. Zusammen aber werden wir ei­nen Choral singen, werden ein Gebet sprechen. Dieser Ostertag darf und soll nicht sang- und klanglos vorüber­gehen.“
     Der Pastor, im Gesicht noch grauer geworden, habe gerufen, in wohl heiligem Ingrimm: „Lieder? Gebete? Stine, was soll das? Ihr Heuchler, tut hinweg von mir das Geplärr eurer Lieder! So sprach der Herr zum Propheten Amos.“
     Stine jedoch habe sich nicht beirren lassen und ausge­führt, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Auf ihr Läu­ten hin sei nahezu das ganze Dorf in die Kirche geströmt. Auch der Lehrer sei dagewesen und habe sich ans Har­monium gesetzt. Nachdem sie beide Altarkerzen entzündet hatte, habe Stine die Gemeinde begrüßt und einen Choral vorgeschlagen. Machtvoll wie sonst nie, ja fast trotzig sei der Gesang gewesen. Hernach habe Stine das Vater­-Unser zu sprechen begonnen, und alle seien eingefallen, hätten mitgebetet. Nach einer kurzen Stille, die wie ein erleichtertes Aufatmen gewesen sei, habe Stine gesagt: „Das ist alles, ich bin ja kein Pastor.“ Und habe allen einen gesegneten Osterabend gewünscht.
     Von diesen Ereignissen, heißt es, seien allerdings ver­schiedene Versionen in Umlauf gekommen. Mit Bestimmt­heit könne niemand mehr sagen, was nach Pastor Ander­sons Karfreitagspredigt, die immerhin als Faktum und auslösendes Geschehen betrachtet werden dürfe, alles passiert sei. Möglicherweise sei Stines Intervention, falls so wie geschildert verlaufen, nur eine unter anderen Re­aktionen gewesen. So etwa soll Ole Larsson, der Dorf­atheist, freudig eine schwedische Fahne aus dem Fenster gehängt haben, obgleich diese ja ein Kreuz enthält. Und Pastor Andersson? Kein Wunder, daß über ihn die wider­sprüchlichsten Dinge erzählt werden. Er sei aus dem Dorf geflohen, dann aber wieder zurückgekehrt. Nein, sagen andere, er ist nie geflohen, er wurde in eine Klinik ver­bracht. Davon könne keine Rede sein, glauben wieder an­dere zu wissen, er habe noch einmal geheiratet und fortan auch wieder Ostergottesdienste gehalten, als wäre nichts geschehen, Ostergottesdienste mit Abendmahl, wie es sich gehöre. Zuviel Zeit ist seither eben verstrichen, viele Ostertage sind ins Land gegangen, doch keiner ist so gut in Erinnerung geblieben, so oft wiedererzählt worden wie dieser eine.
Kurt Marti

(Aus: Ders., Fromme Geschichten, Radius-Verlag, Stuttgart 2011, S. 77-80)

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