Predigt aus dem Gottesdienst vom 22.3.2020
Liebe Gemeindeglieder und Gäste,
an diesem Sonntag, den 22.3.2020, wurde ein Gottesdienst unserer Landeskirche live auf youtube übertragen. Zurzeit können wegen des Corona-Virus in unseren Orten und landesweit keine Gottesdienste mehr stattfinden. Als ich den Predigttext für diesen Sonntag aufschlug, wäre mein erster Impuls gewesen, einen für unsere Situation besser passenden zu wählen als Jesaja 66,10–14. Doch Pfarrer Dr. Herbst hat diesen alttestamentlichen Abschnitt in seiner Predigt in einer Weise zum Sprechen gebracht, in der er genau unsere Fragen heute trifft. Dabei hob er drei Verse hervor, die der Prophet Jesaja im Durcheinander unserer Tage an die Pinnwand unserer Aufmerksamkeit heften möchte.
Ich zitiere im Folgenden vor allem den zweiten „Merkzettel“. Diesen empfand ich persönlich angesichts zunehmender Ängste als besonders ermutigend. Gerne empfehle ich, den Gottesdienst mit der ganzen Predigt von Pfr. Dr. Herbst anzusehen, solange er noch verfügbar ist: https://www.youtube.com/channel/UCxI46vUbivdmdVAMmOb2ODA
„Liebe Schwestern und Brüder,
…
Jesaja, der Prophet, schreibt uns heute Merkzettel für die Pinnwand. … Sätze, die das Durcheinander und die Überforderung aufgreifen und in sie hineinleuchten. Sätze, die unserer Angst heilsam in die Quere kommen und die uns sagen, was jetzt keinesfalls vergessen werden darf. ...„Freut euch!“ steht auf dem zweiten Merkzettel. Der Zettel ist grün wie die Hoffnung und der Satz ist stark und vielleicht auch ein wenig anstößig. „Freut euch!“, sagt der Prophet, denn auch diese Krise wird ein Ende haben. Wir werden nicht mehr dieselben sein nach Corona, aber der Tag wird kommen, an dem diese Krise Vergangenheit ist und uns nicht mehr bedrängt. Und dann wird die Freude groß sein. Jetzt sind wir voller Sorgen, weil nicht wissen, wie lange es dauern wird und was kommen wird. Aber die Zeit wird kommen, in der die Großeltern wieder ihre Enkel umarmen; in der die Schulranzen der Kinder wieder leuchten auf den Straßen. Die Zeit wird kommen, in der wir uns begegnen, in der wir tanzen, uns umarmen und küssen. Wir werden uns aufs Fahrrad schwingen mit unseren Plänen und unseren Kalendern und Terminen.
„Freut euch mit Jerusalem!“, sagt Jesaja; Jerusalem, wo jetzt niemand hinreisen kann. Freut euch mit Leipzig, mit Dresden, mit Aue, mit Heinsberg in Nordrhein-Westfalen und mit Bergamo in Italien. Freut euch mit diesen Orten, um die wir jetzt so viele Sorgen haben, derentwegen wir so traurig sind. Denn die Sorge und die Trauer werden einmal Vergangenheit sein. Wir werden es sehen und unser Herz wird sich freuen ...
Und bis dahin, liebe Schwestern und Brüder? Bis dahin lassen wir uns nie ganz gefangen nehmen von den Sorgen und der Angst. Aussprechen können wir bei Gott, was uns umtreibt und was uns Angst macht. Gott ist da und tröstet uns mütterlich. Hoffnung können wir haben, weil diese Krise nicht alles und nicht das Letzte ist. Und darum, weil wir uns trösten lassen und weil wir Hoffnung haben, darum werden wir frei. Wir werden frei um aufeinander zu achten und denen beizustehen, die jetzt unseren Beistand brauchen.... Trost, der überspringt auf die Nachbarn und wächst. Hoffnung, die ansteckt, mit Worten über den Balkon. Und was wie Schwäche aussieht, ist Stärke: Geduld haben, Zuhören, Warten, aneinander Anlehnen mit Gesprächen am Telefon. …
Und in all dem will ich auf meine Pinnwand sehen. Und auf ihr leuchtet es in Rot und in Grün und in Blau. Das sollst du jetzt nicht vergessen: „Gott spricht, ich will dich trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ – „Freut euch!“, denn dies wird ein Ende haben. – „Frieden soll sich ausbreiten wie ein Strom“; auch durch mich. Dazu bewahre der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.“
(Zitiert aus der Predigt von Pfr. Dr. Christoph Herbst, Chemnitz)
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