Predigt Misericordias Domini, in Lückendorf, 1. Mai, Joh 21,15-19
von Pfarrerin Christin Jäger
Liebe Gemeinde,
eine Familie ist in den Urlaub gefahren. Die Kinder spielen im Sand und bauen Sandburgen und die Eltern erholen sich von ihrer anstrengenden Arbeit. Endlich mal die Seele baumeln lassen. Die Wellen rauschen und bahnen sich ihren Weg. Der Blick hinaus aufs weite Meer beruhigt. Überall das weite blaue Meer, kein Land in Sicht. Es wirkt alles so friedlich. Die Kinder bauen weiter an ihren Tröpfelburgen. Irgendwann stupst eines der Kinder die Mutter an. Das Kind schaut der Mutter tief in die Augen und fragt: Hast du mich lieb? Hast du mich lieber als die? Die Mutter ist leicht irritiert. Natürlich liebt sie ihre Kinder. Das Kind stellt diese Frage mehrmals. Was ist nur geschehen?
Zu einer anderen Zeit auch am Wasser, an einem See, sitzen die Freunde und unterhalten sich und essen vergnügt miteinander. Vor kurzem haben sie viele Fische gefangen und vielleicht den Fang ihres Lebens gemacht. Dann essen sie und er ist bei ihnen. Der Evangelist Johannes beschreibt die Situation dann weiter so:
Da sie nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr, als mich diese lieb haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer!
Spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe!
Spricht er zum dritten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, weil er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb?, und sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe!
Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hinwolltest; wenn du aber alt bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hinwillst. Das sagte er aber, um anzuzeigen, mit welchem Tod er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach!
Hast du mich lieb? Diese Frage irritiert die Mutter. Warum fragt das Kind? Zwischen den beiden Personen ist eine tiefe Verbindung. Normalerweise stellt man eine solche Frage so nicht. Die Frage lässt zwei verschiedene Antworten zu. Wobei die eine ziemlich bitter wäre. Hast du mich lieb? Das Kind liebt die Mutter. Es will aber wissen, ob die Mutter das Kind auch lieb hat. Es braucht diese Zuwendung, diese Rückversicherung. Diese Frage macht mich nachdenklich. Eigentlich ist es doch selbstverständlich, dass Eltern ihre Kinder lieben und nur das Beste für sie wollen. Das Kind will es trotzdem genau wissen.
Es ist doch eine sonderbare Frage: liebst du mich mehr, als mich diese lieb haben?, die da Jesus an Petrus stellt. Immer wieder versichert Petrus, dass er Jesus lieb hat. Immer die gleiche Antwort, aber bei jeder Frage wird er trauriger. Jesus müsste ihn doch kennen, warum stellt er immer wieder dieselbe Frage. Petrus versteht es nicht. Er schaut nicht hinter die Frage, er antwortet auf das Offensichtliche. Jesus kennt alle seine Freunde – auch Petrus – und mit ihm hatte er vor einiger Zeit bereits ein Gespräch, in dem Petrus ihm versichert hat, dass er immer zu Jesus stehen wird. Antworten gelten im Hier und Jetzt, können aber auch zukünftige Auswirkungen haben.
Damals im Gespräch sichert Petrus seinem Freund Jesus zu, immer zu ihm zu stehen. Jesus wusste sicher damals schon, dass es Petrus nicht gelingen wird. Petrus kann sich einfach nicht vorstellen, nicht zu Jesus stehen zu können. Und dann kam diese eine Nacht: Jesus wird gefangen genommen und Petrus sitzt am Feuer. Dreimal sagt er, dass er nicht zu Jesus gehöre. Und dann schreit der Hahn. Damals gelang es Petrus nicht, sich an seine eigenen Aussagen zu halten. Die Antworten sind Zusicherungen, können aber für die Zukunft noch mehr Tragweite haben.
Und nun: Spricht Jesus zum dritten Mal zu Petrus: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Vielleicht ist Petrus tief gerührt, dass er die gleiche Frage schon wieder gestellt bekommt, vielleicht aber auch genervt. Vielleicht erinnert sich Petrus bei der dritten Frage an sein Versagen in jener Nacht und ist deswegen so traurig. Petrus wurde traurig, weil er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb? Petrus erinnert sich an seine eigene, menschliche Schwäche. Vielleicht erinnert er sich aber auch in diesem Moment nicht und hört nur zum dritten Mal die Frage, die er bereits zweimal beantwortet hat. Dann macht es ihn traurig, dass Jesus seine Erwiderung seiner Liebe nicht wahrgenommen zu haben scheint. Petrus sagte doch jetzt schon mehrmals: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb habe. Jesus müsste doch von seiner Liebe wissen und durch die Zusage auch gehört haben. Aber irgendwie nimmt Jesus ihm die Zusicherung nicht so einfach ab.
Ich denke, für Jesus steht viel mehr hinter der Frage. Jesus weiß, dass er seine Freunde bald verlassen wird. Er wird nicht mehr lange bei ihnen sein können, weil er zum Vater zurückkehrt. Sobald er weg ist, muss alles geregelt sein. Die Freunde brauchen klare Anweisungen, wie sie Jesu Botschaft weitertragen sollen. Und deshalb sagt Jesus auch mehrfach zu Petrus: Weide meine Schafe!
Oder anders gesagt: Kümmere dich um die, die an mich glauben, wie ein Hirte seine Schafe weidet. Ein Hirte führt seine Schafe immer wieder zu frischen Weiden, sucht für sie Wasser und beschützt sie vor wilden Tieren. Ein Hirte hat nicht nur die Schafe, sondern auch die Umgebung im Blick. Er schaut auf die Schnellen und auch auf die Langsamen und Kranken. Er schaut, dass sie dem gleichen Ziel entgegen streben und auch möglichst ankommen. Notfalls trägt er sie ein Stück des Weges und hilft ihnen so, weiter mutig voranzuschreiten.
Hast du mich lieb? An schönen Tagen, bei Sonnenschein und wenn der Auferstandene gerade vor Petrus steht, lässt sich das einfach mit Ja beantworten. Aber Jesus geht es darum, dass dieses Ja auch gilt, wenn er nicht mehr neben uns steht, wenn wir ihn nicht mehr sehen, auch in schwierigen Zeiten. Diese Zuversicht muss auch in dunklen Zeiten Bestand haben. Die Hoffnung muss gegen die Hoffnungslosigkeit bestehen können. Jesus kennt uns, er liebt uns und er traut uns das zu, dass wir das können. Und dieses Vertrauen in unseren Hirten wünsche ich uns allen.
Und der Friede Gottes, der unsere Vernunft bei weitem übersteigt, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
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